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KALKKÖGEL WINTER TRAVERSE Nonstop

Autorenbild: Martin SiebererMartin Sieberer

Aktualisiert: 2. Feb.


Die Kalkkögel in ihrer Pracht
Die Kalkkögel (v.r. Schlicker Seespitze, Riepenwand, Gr.Ochsenwand, Steingrubenkogel, Türme, Steingrubenwand und Zinnen, Hochtennspitze mit Hoadl im Vordergrund, Malgrubenspitze, Marchreisenspitze, Ampferstein und Nockspitze)

Die Kögel

Die Kalkkögel, oder herzlich auch Nordtiroler Dolomiten genannt, sind eine Bergkette im Nahbereich von Innsbruck. Das Erscheinungsbild mit seinen Nadeln und Zinnen erinnert vielleicht vom Escheinungsbild an die "richtigen" Dolomiten, jedoch unterscheiden sie sich in puncto Felsqualität stark. Die Kalkkögel bilden das Panorama für die nördliche gelegene Axamer Lizum und für das südlich gelegene Skigebiet Schlick 2000.

Ein Kontrast der seinesgleichen sucht. Einerseits der schier hürdenlose Zugang zu Gipfelglück und Hüttengaudi, andererseits die Einsamkeit und das wilde Abenteuer. Im Winter finden die "Kögel" seit Jahren wieder mehr Zulauf bei Freeridern und Skitourengehern.

Meist werden die unzähligen Rinnen gespurt oder einer der leichteren Gipfel vom Skigebiet aus angegangen. Die meisten Gipfel jedoch werden aufgrund ihrer abweisenden, steilen Flanken im Winter selten erklommen.


Steile Bänder. Am Weg zum Steingrubenkogel
Steile Bänder. Am Weg zum Steingrubenkogel

Die Kalkkögel Traverse

Die Kalkkögel erheben sich von Süden her mit dem Niederen und Hohen Burgstall und enden im Norden mit der Nockspitze (Saile). Dazwischen liegen die Hauptgipfel Schlicker Seespitze, Riepenwand, Gr. & Kl. Ochsenwand, Steingrubenkogel, Steingrubenwand, Hochtennspitze, Malgrubenspitze, Marchreisenspitze und Ampferstein. Unzählige Zinnen, Nadeln und Türme erheben sich auf und um die Hauptkette herum.

Wir haben uns zum Ziel gemacht die gesamte Hauptkette mit Hauptgipfeln zu überschreiten und jeweils eine der Zinnen, Türme und Nadeln mitzunehmen.

Die Überschreitung der gesamten Kalkkögel wird im Sommer als auch im Winter eher selten gemacht. Die Länge, der brüchige Fels, Orientierung und nicht zuletzt Exponiertheit schrecken womöglich ab. Nicht zuletzt stellt sich vermutlich auch die Frage der Notwendigkeit einer solchen Unternehmung. Unter Alpinisten bleibt es jedoch ein angestrebtes Ziel, wenn der Winter keine anderen Aktivitäten als Alternativen bietet. Lukas Waldner und ich wollen die Traverse im Winter an einem Tag vom Tal aus probieren.


Einstieg Manndlgrat
Einstieg Manndlgrat

1.Versuch

Am 14. Jänner ist es soweit. Lukas und ich starten vom Parkplatz der Schlick um 3.30, um über die Skipiste zum Sennjoch aufzusteigen. Rund 1250hm, dies aber im sicheren Gelände und auf guter Spur. Am Sennjoch gibts eine kurze Rast, Steigeisen und Gurt werden angelegt. Ab jetzt gehts los im alpinen Gelände. Über den Niederen gehts zum Hohen Burgstall, wo noch einige Spuren von Skitourengehern den Weg weisen. Fortan ist Instinkt gefragt. Das Gelände wird wilder und abenteuerlicher. Erste Abseiler müssen eingerichtet werden.


Sonnenaufgang am Schlicker Schartl
Sonnenaufgang am Schlicker Schartl

Zum Sonnenaufgang befinden wir uns bereits am Schlicker Schartl, wo wir erneut auf Skispuren treffen. Weiter gehts im unbekannten Gelände Richtung "Manndlgrat", welcher auf die Schlicker Seespitze führt. Die Wetterereignisse des bisherigen Winters schufen eine sehr diverse Situation am Berg. Geprägt war das Wetter von wenig Schneefall und extrem viel Wind. Die Grate sind somit häufig abgeblasen, in den Flanken kann aber massiv viel Schnee von unterschiedlichster Konsistenz liegen. Mal tragend, mal grundlos. Und somit verstreicht schon einiges an Zeit, bis wir die ersten Kletterstellen erreichen. Den Manndlgrat überwinden wir grundsätzlich problemlos, nur müssen Abseiler und Grat freigegraben werden und am Grat peitscht uns der Südwind entgegen. Erst um kurz nach 10.00 erreichen wir die Schlicker Seespitze (angepeilt war 8.00).


Manndlgrat
Manndlgrat

Der Weiterweg ist schnell gefunden, teils am Sommer-Normalweg mit Peilung auf die Scharte des kommenden Gipfels. Der Aufstieg zur Riepenwand erfordert beherztes Mixedklettern im 4. Grad, wenn man den leichtesten Anstieg findet. Der Abstieg von der Riepenwand ist bekannt, auch wenn im Winter alles anders aussieht. Über eine tief zu spurende Nordrinne gelangen wir zur Großen Ochsenwand, welche über den Klettersteig wieder abgeklettert wird. Die Zeit ist schon weit fortgeschritten, als wir die AK-Scharte erreichen: 13:20.


Allein am Gipfel der Riepenwand
Allein am Gipfel der Riepenwand

Die Hauptschwierigkeiten bilden das folgende Segment bis zu den Schlicker Zinnen, weshalb wir uns diese Passage unbedingt noch anschauen wollen, auch wenn an die Gesamtüberschreitung kaum noch zu denken ist. Über den Klettersteig gehts auf den Steingrubenkogel, welchen wir nach einiger Sucharbeit und Abseiler Richtung Südturm verlassen. Der Südturm lockt mit einem nördlichen Band, welches jedoch im Nirvana endet und auch wenig Spielraum für Abseilmanöver bietet.

Teils tiefes Spuren auf den Bändern
Teils tiefes Spuren auf den Bändern

Wieder zurück steigen wir über eine nördliche Rinne in leichtem Mixed-Gelände zum Gipfel auf und suchen vergeblich nach Begehungsspuren geschweige denn Abseilständen. Da die Dämmerung naht ist Eigeninitiative gefragt. Ein Block, ein Keil, eine Sanduhr. Alles wird zusammengehängt und über 2x30m Abseilen gelangen wir in einen Gully welcher zur Scharte führt.

Abseilgeflecht im Kögelbruch
Abseilgeflecht im Kögelbruch

Der Nordturm wird südseitig umgangen und über die Nordseite gelangen wir zur Steingrubenwand welche wir über eine steile Rinne verlassen. Die Zinnen umgehen wir südlich und im Dunkeln seilen wir noch bis zum Ende der Schwierigkeiten ab.

Der Tag war schnell vorbei. Die Komplexität der Orientierung hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Auch wenn wir uns schnell bewegten ist kein Platz für Verhauer wenn man eine Traverse wie diese an einem Tag machen will.

Über eine der folgenden Rinnen traversieren wir in teils hüfthohem Schnee in Richtung Hochtennboden und in weiterer Folge ins Skigebiet Axamer Lizum, um gegen 19.00 am Parkplatz abgeholt zu werden. Danke Bine :)


Traverse 2.0

Am Tag des ersten Versuchs waren wir schon etwas angeschlagen, noch fit aber vielleicht ein wenig geknickt. Auf jeden Fall dachte ich nicht an einen weiteren Versuch in naher Zukunft.

Das Alzheimer des Alpinisten schlägt jedoch erneut zu und die Strapazen sind schon in den Folgetagen vergessen. Das Wetter bleibt stabil, Spuren sind drin und wir kennen den Weg. Bereits 5 Tage später starten wir erneut. Diesmal schon eine Stunde früher.

Der Weg ist bekannt. Wir haben das Material noch mal reduziert und haben nur das Nötigste dabei (30m Einfachseil, 30m Radline, 10m Reepschnur, 2Friends, Keile).

Bereits um 8.00 befinden wir uns auf der Schlicker Seespitze, wo wir die Sonnenaufgang bewundern.


    Sonnenaufgang auf der Schlicker Seespitze
Sonnenaufgang auf der Schlicker Seespitze

Schnell geht es auf die Riepenwand. Diesmal sichern wir einige Stellen, die wir beim ersten Versuch seilfrei kletterten. An diesem Tag peitscht der Föhn noch mehr um die Ohren, doch die milden Temperaturen machen den Wind erträglich.


Am Weg zur Kleinen Ochsenwand
Am Weg zur Kleinen Ochsenwand

Wir kennen den Weg und dementsprechend schnell gehts über die Ochsenwände zur AK-Scharte, wo wir um 10.40 eine weitere Rast einlegen. Heute sind wir guter Dinge, dass es sich ausgeht und somit klettern wir auch auf diverse Zwischengipfel: die Kronennadel, der Südturm und die Nördlichste Schlicker Zinne.


Auf der Kronennadel
Auf der Kronennadel

Bereits um 14.00 befinden wir uns bei unserem Umkehrpunkt vom ersten Versuch. Von dort aus sind keine größeren Schwierigkeiten mehr zu erwarten. Außer tiefes Spuren in den Flanken.

Wir überwinden Hochtennspitze, machen einen Abstecher auf die Malgrubenspitze und stehen bald auf der Marchreisenspitze (Punkt 16.00). Wir kennen beide diesen Abschnitt, daher wissen wir, dass außer Spuren keine gravierenden Kletterschwierigkeiten mehr auf uns warten.


Marchreisenspitze, im Hintergrund noch die Nockspitze
Marchreisenspitze, im Hintergrund noch die Nockspitze

Über den Bergler-Steig gehts zum Ampferstein und über dessen Ostgrat weiter zum Halsl.

Erst dort wird es dunkel und ein mühsamer und langweiliger Aufstieg zur Nockspitze steht noch bevor. Die ersten 200hm zum wühlen, der Rest quasi schneefrei bei Orkanböen.

Um 18.30 stehen wir am Gipfel des letzten Gipfels.

Der Abstieg ist nur noch Formsache und wir erreichen zeitig Götzens.


Nockspitze - letzter Gipfel
Nockspitze - letzter Gipfel

Facts

  • 16 Gipfel

  • 4200+ Höhenmeter

  • rund 31 Kilometer

  • 17,5 Stunden

 
 
 

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